Das Dilemma der funktionellen Lokalisation



Lokalisationstheorien können trotz vieler Ansätze das Gehirn nicht erklären. Das Konnektom zeigt, was bei einer Funktion aktiv wird - es sind die Konnektomfasern quer durch.

Die Funktionen des Gehirns in lokal abgrenzbaren Gebieten zu suchen, ist verständlich. Im Gegensatz zu den Maschinen war/ist der funktionelle Bauplan nicht bekannt. Aus der Struktur wird deren Funktion gefolgert. Dies ergibt etliche Lokalisationstheorien. Aber keine dieser Theorien kann bisher überzeugen.

Der Mainstream der Hirnforschung zweifelt inzwischen an der Lokalisation. Die Funktion wird im Netzwerk realisiert, so eine Aussage im Jahr 2015. Arvid Leyh von dasgehirn.info schreibt am 3.6.16: Heute lässt sich das Hirn eben primär als Netzwerk verstehen, das ist die Metapher unserer Zeit.

Sebastian Seung schlägt den Begriff Bahn vor. Eine Bahn ist der Verlauf einer Erregung über viele Neurone. Der Mainstream ignoriert diesen Begriff bisher. Der Begriff Erregungsleitung beschreibt weiterhin die Erregungsleitung im einzelnen Neuron - typisches Lokaldenken. Erschreckend lang dauert das Umdenken. Ein Vergleich: Wird das Bahnschienennetz von oben betrachtet, wird dieses als Netzwerk sichtbar. Aber eine Zugverbindung benutzt nicht dieses als Netzwerk, sondern eine ausgewählte und durch die Weichen festgelegte Bahnstrecke. Ein Hirnforscher würde die Funktion, die Zugverbindung, so erklären: Die Verbindung von Rostock nach München wird durch das Schienennetzwerk realisiert.

Ein anderer Vergleich: Eine Maschine lässt sich strukturell oder funktionell gliedern. Diese Betrachtungsweisen sind unterschiedlich und bringen spezifische Einsichten. So lässt sich ein Auto durch die funktionellen Teile Motor, Getriebe, Räder usw. erklären. Die strukturelle Zerlegung ergibt in Schrauben, Blechteile, Behälter für Flüssigkeiten usw. Dies wird Stückliste genannt. Mittels der Stückliste lassen sich Materialien verbessern. Zum funktionellen Verständnis kann die Stückliste nicht helfen. Wird die Funktion erklärt, so muss funktionell gegliedert werden. Der Motor, das Getriebe, die Kupplung, die Bremsen sind funktionelle Teile. Anhand der Stückliste bleibt die Funktion einer Maschine unverständlich. Aber so erklären Hirnforscher das Gehirn! Ein aktuelles Beispiel im Jahr 2016. Studie zeigt, wie das Gehirn in den Merkmodus schaltet, Textausschnitte:

Ein Hirnforscher der alten Schule (Lokaldenken) würde das Bremslicht eines Autos folgend erklären: Immer wenn das Bremslicht aufleuchtet, wird ein Draht im Kabelbaum aktiv. Diesen Draht haben wir aufwendig lokalisiert. Dieser Draht realisiert die Funktion Bremslicht. Über ein Relais wird dabei das Standlicht zeitweilig ausgeschaltet. Aber der Draht ist nur Befehlsempfänger, erhält aus den Tiefen des Autos Infos, um aktiv zu werden. Es bleibt unverständlich, wenn ein Lehrer so das Bremslicht erklärt! Die funktionellen Teile, nicht die strukturellen Teile sind zu erklären.

Fazit:
Endlich raus aus der historisch verständliche Denk-Sackgasse. Das Lokaldenken verhindert das funktionelle Verständnis! Es ist wie bei des Kaisers neuen Kleider. Jeder sieht, der Kaiser ist nackt (die Lokalisation bringt nichts) und trotzdem wird weiter über das feine Gewebe diskutiert (siehe obiges Beispiel Umschaltung zum Merkmodus). Die Hirnforschung scheitert an ihrem Forschungsobjekt. Die erlernten und durch Wiederholung verfestigten Engramme (geprägte Bahnung) blockieren deren Veränderung. Dabei gibt es eine einfache Lösung: Dem Weg vom Rezeptor mit all der Diver- und Konvergenz zum Erfolgsorgan verfolgen.


Juni 2016